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Die Stellar-Prinzipien
für regeneratives Wirtschaften
Text: Simon Berkler
Wir haben nicht viel Zeit und es muss ganz schön viel auf einmal passieren. Um auf dem Entwicklungsweg zu einer regenerativen Organisation stetig voranzukommen, braucht es eine klare Intention und einen Prozess, der die riesige Aufgabe in handhabbare Schritte teilt. Und das in der ganzen Organisation.
Regenerative Wirtschaft
Wirtschaft neu denken

Wie alles im Leben hat auch das ganzheitlich regenerative Wirtschaften eine innere und eine äußere Dimension. Es geht also nicht nur um regenerative Strategien, Prozesse und Strukturen, sondern auch um regenerative Kulturen und Haltungen. Regenerative Praktiken fangen auf der individuellen Ebene an, lassen sich auf Team-Ebene und auf Organisationsebene beschreiben.

Die Anfangsfrage für uns lautet aber: Was genau meinen wir denn mit „Regenerativen Organisationen“? Wie lässt sich dieses Konzept handhabbar machen und für Organisationen operationalisieren? Was ist denn genau der Unterschied zwischen konventionellen Geschäftsmodellen und regenerativen Geschäftsmodellen?

In unserem Stellar Approach haben wir vier Prinzipien entwickelt, die eine Antwort auf diese Fragen geben. Die vier Stellar-Prinzipien lassen sich auf Strategie, Prozesse, Kultur, sowohl im Individuellen als auch auf Team- oder Organisationsebene anwenden.

Die Stellar-Prinzipien
für regenerative Organistionen
Stellar-Prinzip 1

Embedded
Die gegenseitigen Abhängigkeiten zu anderen (menschlichen und nicht-menschlichen) Stakeholder*innen sind so gestaltet, dass der positive Impact einen möglichen negativen Impact übersteigt.

Lebende Systeme ziehen gegenseitigen Nutzen aus den wertschöpfenden Beziehungen ihrer Komponenten. Unser Planet funktioniert als ein immenses ökologisches Netzwerk, in dem jedes Element mit einem anderen interagiert und zum Kreislauf des Lebens beiträgt. Bienen, die Nektar sammeln und dabei Pflanzen bestäuben, Eichhörnchen, die Samen verbreiten, und Pilze, die nicht nur für die Kommunikation unter Pflanzen sorgen, sondern auch ihren Zersetzungsprozess unterstützen, sind nur einige Beispiele der unendlichen Liste lebender Synergien.

Diese Prinzipien der gegenseitigen Abhängigkeit und Kooperation gelten ebenso für den Menschen als Teil dieses globalen Ökosystems. Als soziale Lebewesen überleben wir nicht durch Konkurrenz, sondern durch Kooperation – sowohl untereinander als auch mit den natürlichen Ressourcen, von denen unser Leben abhängt. Es ist essenziell zu erkennen, dass wir nicht isoliert existieren, sondern in einem Netzwerk von Abhängigkeiten leben. Das bewusste Fördern unserer Umwelten ist daher nicht nur ein Akt der Nächstenliebe, sondern eine grundlegende Notwendigkeit für unser eigenes Fortbestehen.

Im Kontext regenerativen Wirtschaftens bedeutet diese gegenseitige Abhängigkeit, dass wir alle Stakeholder – sowohl Menschen als auch nicht-menschliche Akteure – bewusst in unsere Überlegungen einbeziehen müssen. Dabei geht es darum, die Qualität und das Wohlbefinden der Beziehungen zu diesen Stakeholdern aktiv zu pflegen und zu verbessern, denn unser wirtschaftliches Handeln beeinflusst sie direkt.

Stellar-Prinzip 2

Diverse
Unser Handeln fördert Inklusion und nutzt Vielfalt, um die Resilienz unserer Organisation zu stärken.

Das Leben braucht Vielfalt. Erst die Vielfalt sichert das Überleben, weil sie die Optionen erhöht und damit die Resilienz des Gesamtsystems steigert. Die Bedeutung von Vielfalt zeigt sich insbesondere, wenn der Natur ihre Diversität genommen wird. Die Praxis von Monokulturen in der Landwirtschaft illustriert die gravierenden Probleme, die aus einem Mangel an Vielfalt resultieren können: Schädlinge, der Zwang zum Einsatz von Pestiziden mit weitreichenden negativen Effekten auf die Umwelt, erschöpfte Böden, das Verschwinden von Arten und die Zunahme von Krankheitserregern, die Pflanzen, Tiere und zunehmend auch Menschen betreffen.

Diversität und Inklusion sind für eine regenerative Transformation fundamental. Die Ausgrenzung bestimmter sozialer Gruppen führt dazu, dass deren potenzielle Beiträge zur Gesellschaft fehlen, wodurch lediglich bestehende Ansätze wiederholt statt neue Innovationen entwickelt werden. Die Klimaaktivistin Elsa Mengistu betont die Notwendigkeit eines intersektionalen Ansatzes im Umweltschutz: Umweltarbeit muss auch antirassistisch sein, um nicht nur einen Teil der Bevölkerung zu erreichen.

Auch aus betriebswirtschaftlicher Perspektive ist Vielfalt von Bedeutung. Unternehmen, die von zu wenigen Lieferanten abhängen, sind Risiken ausgesetzt. Firmen, die es nicht schaffen, die Bedürfnisse einer diversen Gesellschaft zu erfüllen, verlieren an Bedeutung.

Im Rahmen des regenerativen Wirtschaftens steht Vielfalt für die Berücksichtigung einer breiten Palette gesellschaftlicher Perspektiven. Es geht darum, Bewusstsein für Gruppen zu schaffen, die durch wirtschaftliches Handeln marginalisiert werden könnten, und die Einbeziehung dieser vielfältigen Sichtweisen als zentralen Faktor für die organisationale Resilienz zu sehen.

Stellar-Prinzip 3

Circular
In allen unseren Produkten und Dienstleistungen speist ein Kreislauf den nächsten. Unsere Verantwortlichkeit umfasst ihren gesamten Lebenszyklus. Wir sind uns bewusst darüber, dass Gedeihen bedeutet, dass alle Dinge auf dieser Welt nicht nur einen Anfang, sondern auch ein Ende haben.

Die Grundform des Lebens ist zirkulär und zyklisch. Es besteht aus ständigem Werden und Vergehen. Das Gegenstück zur Geburt ist der Tod, beides zusammen beschreibt den Lebensprozess. Auch dieses Leben, das sich vollzieht, während wir gerade dieses Buch lesen, wird irgendwann zu Ende gehen. Die vielen Generationen, die zeitlich auf uns folgen, werden dann den größeren Lebensprozess weiterführen.

Das Prinzip der Zirkularität veranschaulicht besonders eindrücklich den Konflikt zwischen der gegenwärtigen Wirtschaftsweise und den natürlichen Systemen unseres Planeten. Das fundamentale Muster des Lebens bildet einen geschlossenen Kreislauf, während das grundlegende Modell der modernen Wirtschaft eine endlos aufsteigende Linie darstellt. Eine Harmonisierung dieser beiden Grundmuster ist unerlässlich, um eine dauerhaft lebenswerte Umwelt zu sichern.

Auch in der Natur existiert Wachstum, das jedoch im Gegensatz zum ökonomischen Wachstum den Übergang des Alten zum Neuen beinhaltet – ein Prozess, der fruchtbaren Boden für neues Leben schafft. Dies unterscheidet das bloße Wachstum vom Gedeihen, bei dem das Vergehen als Teil des Prozesses verstanden wird.

Das zyklische Natur des Lebens bedeutet auch, dass es von Rhythmen geprägt ist: Tag wechselt mit Nacht, Wachsein folgt auf Schlaf, Wachstum weicht der Kompostierung. Ähnlich verhält es sich im Berufsalltag, der ebenfalls von Rhythmen bestimmt wird. Wir können nicht ununterbrochen produktiv sein; produktive Phasen müssen durch Erholungsphasen ausgeglichen werden. Regeneration lässt sich nicht aufschieben.

In regenerativen Organisationen wird das Prinzip der Zirkularität auf vielfältige Weise umgesetzt. Wie können wir in unserem Geschäftsmodell Kreisläufe schließen? Wie gehen wir mit Ressourcen so um, dass die Prinzipien der Erneuerung und Regeneration berücksichtigt werden? Hierbei werden nicht nur Materialien oder Dienstleistungen betrachtet, sondern auch die Energie, die jeder Mitarbeiter dem Unternehmen beisteuert.

Stellar-Prinzip 4

Long-term
Wir berücksichtigen die langfristigen Auswirkungen unseres wirtschaftlichen Handelns.

Obwohl jedes einzelne Element des Lebens irgendwann endet, weist der übergeordnete Lebenszyklus kein absehbares Ende auf. Es besteht die Möglichkeit, dass das Universum in ferner Zukunft zu einem Punkt extremer Dichte kollabiert, doch selbst in diesem Szenario bleibt ungewiss, ob dies das Ende allen Lebens darstellen würde.

Unser gegenwärtiges Wirtschaftssystem zeigt eine bemerkenswerte Kurzsichtigkeit hinsichtlich seiner langfristigen Folgen. Die wachsende Dominanz der Finanzmärkte und die zunehmende Finanzorientierung haben diese Tendenz zur Kurzfristorientierung weiter verstärkt. Die Zeitstrukturen, die unser Wirtschaftssystem prägen, harmonieren nur bedingt mit den Zeitstrukturen der natürlichen Systeme, von denen unser Überleben abhängt. Insbesondere haben wir es versäumt, den Ökosystemen genügend Zeit für ihre notwendige Regeneration zu gewähren, was in den letzten Jahrzehnten zu einer kritischen Vernachlässigung geführt hat.

Für regenerative Unternehmen impliziert ein langfristiger Zeitrahmen, dass Entscheidungen über Quartalsergebnisse hinaus und im Kontext von Generationen getroffen werden müssen. Welche Folgen wird unser ökonomisches Agieren heute für zukünftige Generationen haben? Auf welche Weise können wir unser Handeln in der Gegenwart so anpassen, dass es für nachfolgende Generationen eine positive Nachricht darstellt, sollten wir mit unserem Unternehmen oder unserer Organisation heute Erfolg erzielen?

Mit den Stellar-Prinzipien können wir beschreiben, wohin die regenerative Reise geht. Sie geben eine Antwort auf die Frage, welche Grundprinzipien bei der Gestaltung regenerativer, langfristig resilienter Organisationen berücksichtigt werden sollten.

Bleibt die Frage, wie wir uns in diese Richtung auf den Weg machen können. Mit dem Stellar Approach haben wir einen Prozessrahmen entwickelt, der in dieser Veränderung Orientierung stiftet.

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