Deshalb müssen sich interne Prozesse, Strukturen und Kulturen auf allen Ebenen stetig mitentwickeln. Dabei kommen wir an den großen und schwierigen Fragen der Gestaltung von Eigentum nicht vorbei:
Wem gehört TheDive eigentlich, für wen arbeiten wir?
Wer partizipiert am Erfolg der Organisation und in welcher Form?
Sollte mit dem Unternehmen jemals spekuliert werden? Wer entscheidet das alles am Ende?*
Eigentum ist einer der wichtigsten Spielsteine unseres Wirtschaftssystems. Besitzt du Eigentum, hast du ziemlich gute Karten; denn du kannst damit machen, was du willst: zum Beispiel es verkaufen, zerstören oder verschenken. Das sind deine Rechte als Eigentümer*in. Dabei heißt es in Artikel 14 des Grundgesetzes: „Eigentum verpflichtet“. Es sollte so mit ihm umgegangen werden, dass es allen nützt. In der gelebten Realität wird es mit dieser Pflicht allerdings oft nicht ganz so genau genommen, insbesondere Unternehmen stehen in der Kritik.
Wird mit Eigentum nicht so verantwortlich umgegangen, wie das Grundgesetz und viele Landesverfassungen es fordern, werden Dysfunktionalitäten verstärkt: Unternehmen, die den finanziellen Profit über alles andere stellen, sind mitverantwortlich für die zunehmende soziale Spaltung und missachten unsere planetaren Grenzen.
Aktuell werden auf politischer Ebene „neue“ Eigentumsformen diskutiert, um damit die genannten Fehlentwicklungen in den Griff zu bekommen. Diese Eigentumsformen basieren auf einer Art „freiwilligen, aber rechtlich verbindlichen Selbstbeschränkung“. Kurz gesagt geben Eigentümer*innen ein Versprechen, mit dem Eigentum nicht einfach zu machen, was sie wollen; nicht einfach so zu verkaufen, zu zerstören oder zu verschenken. Wirklich neu ist dieses Eigentumsverständnis aber streng genommen nicht, da Unternehmen wie Carl Zeiss oder auch Bosch mit ihren spezifischen Stiftungsmodellen bereits vor vielen Jahrzehnten ähnliche Konstruktionen gewählt haben.
Die zentralen Gedanken eines verantwortlichen Umgangs mit (Unternehmens-)Eigentum erhalten durch die Bewegung rund um das sogenannte „Verantwortungseigentum“ heute eine neue Dynamik. Beim Verantwortungseigentum handelt es sich eben nicht nur um eine Idee, sondern um einen konkreten ausformulierten Gegenentwurf zum vorherrschenden, vornehmlich wachstumsgetriebenen Unternehmertum. Der Vorschlag für eine Rechtsform, mit dem Namen „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ hat es bis in den Koalitionsvertrag der Bundesregierung geschafft.
Kurz gesagt geben Unternehmen im Verantwortungseigentum ein rechtlich bindendes Versprechen darüber ab, sinnorientiert und unabhängig zu bleiben.
Wichtig für ein Unternehmen im Verantwortungseigentum sind das Selbstbestimmungsprinzip und das Sinnprinzip. Diese werden in der Unternehmenssatzung rechtlich bindend verankert.
Das Selbstbestimmungsprinzip stellt die Unternehmer*innenschaft (§ 14 BGB) mit der Eigentümer*innenschaft gleich. Das bedeutet, dass die Unternehmensverantwortung nur von Menschen getragen werden darf, die aktuell auch im Unternehmen arbeiten; nicht von den Meistbietenden und insbesondere nicht von fremden Anteilseigner*innen. Wichtig: Wenn wir von der Unternehmensverantwortung sprechen, meinen wir die Stimmrechte, nicht die Gewinnrechte. Diese werden treuhänderisch auf Zeit gehalten und unterliegen der Erfüllung des Unternehmenszwecks (purpose). Festgelegt wird zudem, dass das Verantwortungseigentum nicht genetisch an eine Familie gebunden ist, sondern an die sogenannte „Fähigkeiten- und Werteverwandtschaft“ weitergegeben werden kann – also an die nachfolgenden fähigsten Mitarbeitenden.
Das Sinnprinzip soll sicherstellen, dass die Gewinne allein der Unternehmensentwicklung vorbehalten sind, sprich nicht privatisiert werden können. Sie können aber reinvestiert, für Krisenzeiten zurückgelegt, zur Deckung von Kosten und Zahlung von besseren Löhnen genutzt oder auch gespendet werden. Entgegen einiger skeptischer Stimmen ist die finanzielle Beteiligung von Investor*innen in dieser Eigentumsform übrigens weiterhin möglich. Der Unterschied: Das Risiko der Investments wird adäquat bewertet und nach oben gedeckelt. Im Falle einer Auflösung des Unternehmens sind die Gewinne für gemeinwohlorientierte Zwecke zu spenden oder in ein anderes Unternehmen in Verantwortungseigentum zu überführen.
TheDive wurde 2015 als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet und hat sich 2018 zu einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gewandelt. Rein rechtlich arbeiten wir also nicht für einen Zweck (purpose), sondern für die Eigentümer (hier gendern wir leider absichtlich nicht, denn die Gesellschafter von TheDive sind ausschließlich männlich gelesen).
In klassisch strukturierten Unternehmen ist häufig ein Bild anzutreffen, in dem eine mehr oder weniger „anonyme Gesellschafter*innen-Ebene“ über der Geschäftsführung steht und – neben anderen Motiven – ein großes Interesse daran hat, Geld aus dem Unternehmen zu ziehen und das private Vermögen zu mehren. Die Tatsache, dass bestimmte Entscheidungen gesellschaftsrechtlich vom Wohlwollen (oder auch der Willkür) der Gesellschafter*innen abhängen, passt aus unserer Sicht aber nicht zu unserer sonst herrschenden Konsent-Kultur und besonders nicht zu unserer Vorstellung eines lebensdienlichen Unternehmens.
In der Art und Weise, wie wir die derzeitigen Gesellschafter-Rollen leben, sind wir zwar auch heute schon recht weit von diesem klassischen Eigentümer*innen-Bild entfernt. Dabei handelt es sich aber noch nicht um einen rechtlich abgesicherten Rahmen, sondern um eine Art gemeinschaftlicher Vereinbarung. Unsere Gesellschafter haben daher entschieden, dass sie TheDive ins Verantwortungseigentum überführen möchten, um den ernst gemeinten Anspruch an uns selbst auch auf der Eigentumsebene umzusetzen.
Für die Umwandlung arbeiten wir eng mit der Purpose Stiftung zusammen, die selbst in Verantwortungseigentum ist. Die Purpose Stiftung bietet einen eigens entwickelten „Rechts-Hack“ an, um Verantwortungseigentum innerhalb der bestehenden Rechtsform umsetzen zu können. In diesem Konstrukt ist sie nur dafür da, die Wahrung der zwei Prinzipien (Sinn- und Selbstbestimmungsprinzip) zu gewährleisten. Dafür bekommt sie das sogenannte „Golden Share“ oder auch den Veto-Anteil. Mit diesem kann die Stiftung jeglicher Entscheidung widersprechen, die die Prinzipien von Verantwortungseigentum gefährden würde. Zeitgleich berät und begleitet die Stiftung Organisationen, da dieser Prozess für alle individuell gestaltet werden muss und intensiv sein kann.
Nach der Ausarbeitung eines Entwurfes, wie TheDive im Verantwortungseigentum aussehen könnte, sind wir derzeit dabei, den Rückkauf der Gesellschafter-Anteile rechtlich und vertraglich vorzubereiten. Geplant ist, dass alle derzeitigen Gesellschafter im Laufe der nächsten Jahre ihre Anteile an die Gesellschaft verkaufen, dann würde TheDive perspektivisch nicht mehr den Gründungs-Gesellschaftern, sondern dauerhaft „sich selbst“ gehören – also den Menschen, die im Unternehmen operativ arbeiten.
Für die Gesellschafter ist damit ein Loslassen verbunden, von den Kolleg*innen ist die Bereitschaft gefordert, die treuhänderische Verantwortung anzunehmen. Der Prozess muss daher so gestaltet werden, dass alle individuellen Bedürfnisse und Erwartungen eingebracht und integriert werden können.
Klar ist: Diese Überführung ins Verantwortungseigentum ist ein großer Schritt für TheDive, mit dem wir auch in für uns unbekannte Gewässer vorstoßen. Was diese Reise für den weiteren Verlauf unserer Zusammenarbeit bedeutet, wird sich zeigen. Wir werden euch auch in den nächsten Monaten darüber auf dem Laufenden halten.
Wir haben einen neuen Prozess entwickelt, der unsere Gehälter noch fairer, transparenter und selbstbestimmter machen soll – und uns als Organisation regenerativer.
In Life-centric Organizations stehen Planet, People und Profit gleichberechtigt nebeneinander. Was das für uns mit regenerativem Wirtschaften und 5+1 Ebenen zutun hat, erklären wir dir in diesem Artikel.
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