Ich erinnere mich noch an eine Zeit, in der jedes Telefonat mit der Frage „Wo bist Du gerade?“ begann. Denn es war einfach unglaublich neu, dass das Gegenüber mit dem Handy einfach überall sein konnte – und nicht mehr so wie bisher immer im Flur oder im Wohnzimmer ans Telefon gegangen war, wo das Telefon eben nun mal stand. Seit Jahren, Jahrzehnten, da wo das Kabel aus der Wand kam und bis wohin es reichte, manchmal straff gespannt …
Diese Unabhängigkeitserklärung hätten wir rein technisch gesehen auch schon eine ganze Weile zu der Frage machen können, von wo aus wir arbeiten. Die Netzabdeckung in Thailand am Strand im Zweifel besser als in der Berliner Innenstadt, die Handys und Laptops so schnell, dass es keinen Unterschied mehr macht, wo Du bist. Von wo aus Du denkst, wo Du arbeitest.
Dennoch: Es brauchte mehrere Lockdowns, damit wir uns alle den virtuellen Raum und seine Möglichkeiten wirklich erschlossen und teils erstaunt feststellten, was da alles geht. Remote only. Und erst jetzt, wo wir zwischen dem hier und dort wählen können, merken wir, dass die Entscheidung vor allem eins ist: Eine kulturelle Frage. Keine technische.
Während die einen mit der Policy „work anywhere“ sprunghaft mehr Bewerbungen bekommen (Airbnb), erteilt Elon Musk dem Homeoffice eine kategorische Absage. Und dazwischen gibt es jede Menge Schattierungen an Optionen und Diskussionen. In internen Umfragen bei unseren Kunden wird sichtbar, dass es oft die Führungskräfte sind, die sich mehr Präsenzpflicht wünschen.
Natürlich ist die Frage, wo wir arbeiten wollen, nach wie vor ein Privileg derer, die diese sogenannte „Denkarbeit“ machen. Für viele andere dreht sich die Berufswelt in Krankenhäusern, produzierendem Gewerbe, Dienstleistungen et cetera einfach weiter. Trotz alledem durchläuft auch das „überall denken“ in allen Unternehmen gerade den Reality Check.
Wir haben uns bei TheDive von Anfang an auch immer mit der Frage beschäftigt, welche Räume wir Menschen brauchen, um gut arbeiten zu können. Und wie User*innen selbst die Räume erschaffen können, die sie für ihre Art zu arbeiten brauchen. Dann kam Corona. Und plötzlich ist es umso spannender, unsere bisherigen Hypothesen auf den Prüfstand zu stellen.
Gemeinsam mit unseren Kund*innen finden wir heraus, welche Arbeitsumgebungen und kulturelle Setups es für welche Organisation jetzt braucht. Dabei merken wir, dass die Diskussionen oft sehr mechanistisch geführt werden. Nicht selten sind sie vornehmlich ein Gerangel um An- und Abwesenheitsprozente. Verpflichtend für alle, selbstverständlich. Um dann das Kampfgeschehen auf Ausgleichszahlungen und Home-Office-Büroausstattung auszudehnen.
Ja, damit kann man neue Fakten schaffen, eine neue Orientierung geben. Aber:
Für dieses Ausprobieren entstehen schon neue gedankliche Räume, wenn nur die Ebene der Fragestellungen verändert wird:
Bis zum Lockdown wurden wir manchmal ein bisschen belächelt, wenn wir diese gegenseitige Beeinflussung so mantraartig wiederholt haben. Jetzt, wo dieser Raum sich auf so vielen Ebenen ins Virtuelle und Hybride ausgedehnt hat, sind die Verknüpfungen und Verknotungen mit Mindset und Unternehmenskultur unübersehbar geworden. Vertrauenskultur? Selbstbestimmtheit? Feedback? Alles fragt danach, ob wir das wirklich ernst meinten und meinen. Die Antworten darauf werden so vielfältig sein wie die Unternehmen – und sie werden Schlüsselantworten sein für die Frage, wer zukünftig bei welchem Unternehmen arbeiten will.
Und ja: Wir bei TheDive glauben an eben jene Kraft physischer Orte und den Zauber realer Begegnungen. Wir glauben, dass es diese Momente realer Gemeinsamkeit künftig für viele immer seltener geben wird und sie dadurch umso bedeutsamer werden. Und gleichzeitig wissen wir, wie wichtig Rückzug, Selbstbestimmtheit und Fokus sind, um in eine schöpferische Produktivität zu kommen.
Für dieses „sowohl – als auch“ in einem System gute Verabredungen zu finden und die Flieh- und Anziehungskräfte dadurch in Balance zu halten, ist für die Frage nach der Zukunft der Arbeit eine elementare Suchbewegung. Und zwar eine, die uns alle noch eine Weile beschäftigen wird.
Kabellos in der Wlan-freien Ecke eines Gartens südlich von Berlin geschrieben.
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